Harald Stumpf
Physiker
"Wissenschaft und Technik ermöglichen dem einzelnen Menschen und der
menschlichen Gesellschaft über die Grenzen einer rein naturhaften Existenz
hinauszugehen und damit die natürlichen ökologischen Regelmechanismen
zu durchbrechen. Da Grenzen immer als Hemmung wirksam werden, ermöglichen
Wissenschaft und Technik eine Enthemmung der Gesellschaft in denjenigen
Lebensbereichen, die davon direkt oder indirekt betroffen werden [...]
Enthemmung, als rauschhafter Ausbruch empfunden, übersieht, dass es trotz
aller Grenzüberschreitungen andere Grenzen gibt, die keinesfalls
überschritten werden können und dürfen. Soll sich daher die
durch Wissenschaft und Technik mögliche Enthemmung als Vorteil und nicht
als Nachteil für die menschliche Existenz auswirken, so muss die
Beseitigung durch die zivilisatorische Entwicklung sinnlos und lästig
gewordener Hemmungen von einer Neusetzung und besseren Begründung anderer
Hemmungen begleitet werden, d.h.
es muss bewusst ein zweckmäßiger Ersatz
für die unter diesen Bedingungen nicht mehr wirksamen biologischen
Regelmechanismen gefunden werden [...]
[Es] verbleibt angesichts der langsamen Veränderung der biologischen
Größen, die das Leben der Menschen und der höheren Tiere
bestimmen, nur eine einzige Möglichkeit, der durch die ständige
Veränderung und das Wachstum der Zivilisationswelt entstehenden
ökologischen Katastrophen entgegenzutreten, nämlich die Anerkennung
des
biozivilisatorischen Grundgesetzes:
Jeder technologisch-zivilisatorische Eingriff, der das naturhaft vorhandenen
biologische Gleichgewicht stört oder verändert, muss durch einen
Kompensationseingriff ergänzt werden, der das gestörte biologische
Gleichgewicht in der ursprünglichen Form wiederherstellt oder einen
ökologisch vertretbaren Ersatz schafft. Ist dies nicht möglich,
so muss der Eingriff unterlassen werden."
Dies ist eine Rahmenvorgabe für alles politische Entscheiden.
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